Maschin’ kaputt

Continental
Continental

Eines der Highlights bei der Flugsicherung, das waren die Strecken­erfahrungs­flüge, kurz SE-Flug genannt. In regelmäßigen Abständen, so alle zwei Jahre, bekamen wir einen Strecken­erfahrungs­flug von der belle etage zugeteilt. Diese Flüge, die man als vollwertiges Cockpitmitglied, also ohne Ticket, durchführte, dienten dazu uns Einblicke in die situationsabhängige Arbeitsbelastung an Bord zu geben. Dazu absolvierte man einen kompletten Umlauf mit der Besatzung.

Logisch, dass diese Flüge nur für Angehörige im Betriebsdienst vorgesehen waren. Leider schaffte es die belle etage immer wieder, Verwaltungsangestellte zu SE – Flügen einzuteilen, was die Crew sofort merkte und entsprechend, sagen wir, not amused, waren.

Ich war mal wieder dran, es wurde mir ein Umlauf Frankfurt – Nürnberg – Frankfurt – Wien – Frankfurt zugeteilt. Die Maschine war eine Boeing 727. Zu der Zeit war ich in Karlsruhe UAC tätig. (Upper Area Control, Radarkontrolle des Luftraums oberhalb 25000 Fuß, ca. 6500 m, Rufzeichen Rhein Control).

Zu so einem Umlauf gehörte alles, was die Cockpitcrew auch machte, also auch die diversen Briefings, daher war recht frühes Aufbrechen nach Frankfurt angesagt.

Zuerst geht man zum Dispatch, Flugdaten, Sprit, Wetterdaten holen. Dann erfolgt das Cockpitbriefing, es beschäftigte sich hauptsächlich mit Notfällen und meiner Versorgung in solchen Fällen. Ich bekam also eine Einweisung in die Nutzung der Sauerstoffmaske, lernte das Interkom (Funk) zu bedienen und machte mich mit den Sitzgurten und deren sachgemäßen Verwendung vertraut. Das alles noch im Terminal.

Dann das Briefing mit der Cabincrew. Auch wieder nur Anweisungen für Notfälle und ganz wichtig, was gibts denn wann zu Essen. Nachdem das gemeistert war, ging es mit dem Lufthansacrewbus zu Maschine.

Da der Flieger frisch aus der Werft, nach einem obligatorischen Check, kam, verzichtete ich auf den Outsidecheck, ich wollte nicht verpassen, wie so ein „toter“ Flieger zum Leben erweckt wird.

Unser Kapitän war so, wie man sich einen Flugkapitän immer vorstellt, groß, seriös, grau meliert, mit einer tiefen, ruhigen Stimme. Beeindruckende Erscheinung. Der Co war das direkte Kontrastprogramm dazu, Neigung zu Übergewicht (ich bin höflich) gemütlich, fränkischer Dialekt, aber irgendwie unangenehm aufdringlich und ein richtiger Besserwisser. Auf der 727 gab es noch den Flugingenieur, das sind immer die gleichen Typen, hager und schlank, so wie die, die man von U-Boot Filmen kennt.

Nachdem der Kapitän den Start in Frankfurt durchgeführt hatte, übergab er an den Co, der den Streckenflug und die Landung in Nürnberg übernehmen sollte. Für mich hatte die Crew, außer dem FI (Flugingenieur), kein Interesse. Mir war das Recht, ich beobachte gern und der FI erklärte mir viele für mich neue Dinge.

So 15 Minuten vor der Landung bereitete der Co, jetzt als PIC (Pilot in Command, heute Pilot flying) die Landung vor. Dazu schob er seinen Sitz so weit es ging nach hinten und klappte dann auch noch die Rückenlehne fast waagerecht. Glück gehabt, ich saß hinter dem Kapitän, hinter dem Co wäre ich zerdrückt worden.

Er legte sich dann zurück und sah aus wie ein Passagier der ersten Klasse, der auf den Service wartet. Ich dachte nur, sehen kann der jetzt nix mehr, strange.

Die beiden vorn diskutierten jetzt die Art der Landung, ich verstand kein Wort, hab mir aber auch, zugegeben, wenig Mühe gegeben, denn ich war sehr gespannt, wie man einen Flieger in so einer Sitzposition landen kann.

Bei zehn Meilen vorm Aufsetzen waren wir dann auf dem ILS (Instrument landing system, Instrumentenlandesystem) Da ich schon öfter geflogen, zumindest mitgeflogen, war, bemerkte ich den ungewöhnlich großen Anstellwinkel des Fliegers sofort. Als ich in die Kabine blickte, ja, zu der Zeit musste die Tür noch auf sein, waren alle Passagiere unter mir, weit unter mir.

Mit genau diesem Anstellwinkel setzten wir auch auf der Bahn auf. Der Co zog jetzt, nach und nach, die Steuersäule immer weiter zu sich, das erklärt die Sitzposition, und hielt dadurch die Nase des Fliegers konstant oben. Als der Flieger diese Position nicht mehr halten konnte, knallte die Nase auf die Bahn und die Mühle konnte mit den Radbremsen, also ohne den Umkehrschub durch die Triebwerke, abgebremst werden.

Wir waren gelandet, aber wie! Wie der Co aus seiner Position die Landebahn sehen konnte bleibt sein Geheimnis, ich konnte ja schlecht ausprobieren, was man aus der Lage noch sehen kann. An den bleichen Sixshooter der Passagiere beim Aussteigen schloss ich, dass sie diese Landung als Absturz erlebt hatten.

Die Crew ignorierte mich weiter, die hatten bestimmt die letzten Streckenerfahrungsflüge mit Sesselfurzern durchgeführt und waren jetzt bedient, daher beschloss ich das Angebot des FI für einen Outside Check anzunehmen. Also die Mickeymäuse (Gehörschutz) auf und raus. Wir checkten das Fahrwerk, insbesondere die Reifen, die APU (Hilfsturbine im Fahrwerkschacht) die Flügelvorderkanten, die Klappen und die Sensoren.

Dann ging es über die Hecktreppe wieder in den Vogel. Seitlich, im Heck der Maschine befanden sich kleine Türen deren Nutzen sich mir nicht erschloss, also fragte ich den FI danach. Die Türen seien dazu da, die Triebwerke zu checken, ob ich da mal rausschauen wollte. Na klar wollte ich, wann kann man das schon.

Er öffnete die rechte Tür und gab mir den Weg frei. Schau dir die Triebwerkschaufeln an, die müssen schön gleichmäßig gebogen sein und dürfen keine sichtbaren Beschädigungen haben. Also schaute ich mir die Schaufeln an und siehe da, jo, die waren gebogen, aber keineswegs gleichmäßig.

Ich sagte nur, Mann, die sind ja total verbogen. Dann hörte ich nur noch „Was“ und wurde auch schon zur Seite geschubst.

Der FI schaute lange, kam aber dann zum gleichen Schluss, die waren total verbogen. Er rannte zur Tür auf der anderen Seite und riss sie auf. Dann schob er mich dorthin und sagte, so müssen die aussehen, die sind korrekt. Das musste ich bestätigen, die auf dieser Seite sahen korrekt aus. Hilft ja nix, sagte er, da muss die Technik ran.

Also ins Cockpit und erstmal den anderen den Vorfall melden. Der Kapitän rief die Technik an und verschob das Einsteigen der Passagiere um zehn Minuten. Ich dachte nur „Optimist“.

Der Techniker kam, schaute hinten nach und schüttelte dann nur mit dem Kopf, da muss von außen mit einer Leiter nachgeschaut und nachgemessen werden. Freundlicherweise bezifferte er den Zeitbedarf mit einer halben Stunde gleich mit, das gab der Kapitän an das Gate weiter. Delay.

Die Leiter rollte heran, ein Techniker stieg hinauf, maß mit einer Schablone nach, stieg wieder herunter, die Leiter rollte wieder weg. Er erschien dann im Cockpit und äußerte sich so: Damit fliegen ist gefährlich, wenn eine abreißt möchte er nicht drinsitzen, mit Paxen ist das Fliegen unmöglich.

Die Crew fing das Diskutieren an. Hat Nürnberg die Möglichkeit das zu reparieren, wenn nicht, kann man damit noch leer nach Franfurt fliegen und wie kommen die Paxe dann nach Frankfurt? Der Kapitän entschied sich dafür, das Problem mit der Technik in Frankfurt zu besprechen und dann eine Entscheidung zu treffen. Also verließ er uns und telefonierte aus dem Terminal mit Frankfurt.

Nach zehn Minuten war er wieder da und verkündete seine Entscheidung. Die Passagiere fahren Bus nach Frankfurt, die Kabinenbesatzung auch. Von uns vieren muss jeder selbst entscheiden, ob er fliegen will oder busfahren. Er wies darauf hin, jeder der fliegt muss eine Freiwilligkeitsbescheinigung, die die Haftung der Lufthansa ausschließt, unterschreiben. Alle entschieden sich fürs Fliegen.

Da die Technik noch die anderen Triebwerke überprüfen wollte, hatten wir Zeit uns noch ein Mahl aus dem Trolley der ersten Klasse zu nehmen und gemütlich zu speisen. Henkersmahlzeit! Ach ja, man sprach mit mir, fiel mir erst jetzt auf.

Dann wurde noch getankt, die Türen schloss der FI und wir bereiteten uns auf das Anlassen der Triebwerke vor. Die Freigabe dafür kam vom Tower und gleichzeitig auch die Feuerwehr. Einer auf jeder Seite, beruhigend.

Der FI berechnete unser Gewicht und schlug dem Kapitän vor, die Nummer drei (das beschädigte Triebwerk) nur für den Start und bei Bedarf für die Landung zu benutzen, es ansonsten im Idle (Leerlauf) mitlaufen zu lassen. Damit würde sich die Gefahr eines Schaufelabrisses erheblich reduzieren. Der Kapitän war einverstanden.

Die Triebwerke liefen jetzt, der FI ging nach hinten, zur besagten Tür und schaute auf das Triebwerk. Er versuchte an den Geräuschen Abweichungen zu erkennen, es war aber alles normal. Na, wenigstens was.

Wir alle hatten vor dem Flug doch großen Respekt, was sich an der lebhaften Unterhaltung unter uns festmachen lässt. Man quatscht sich die Angst klein.

Wir entschieden, dass ich den Funkverkehr mit der Flugsicherung führen sollte, um sanft bei denen darauf hinzuweisen, dass wir ein Problem hatten. Sanft ist wichtig, denn wenn sich einer der Fluglotsen stur stellen sollte, könnte er fragen, ob wir einen Luftnotfall erklären wollen, wenn nicht müssten wir wie ein normaler Flug behandelt werden. Daher war meine Aufgabe, bei den Kollegen sanft auf unser Problem hinzuweisen und entsprechende Behandlung zu erfahren.

Unser Flugsicherungsnetzwerk ist erstaunlich gut, denn schon der Groundlotse fragte, wie er sich denn unser Rollen zur Bahn vorzustellen hätte. Daraufhin erklärte ich ihm, dass wir Triebwerk drei nur sehr eingeschränkt nutzen können, sonst aber bislang keine Probleme haben. Beim Rollen mit zwei Düsen sollte er keinen Unterschied merken, es wäre aber klasse, wenn er den folgenden Lotsen auch diesen Hinweis geben könnte.

Wir rollten, begleitet von der Feuerwehr, zur Startbahn, der Kapitän hatte errechnet, wenn Nummer drei nur mit 80 Prozent laufen würde, dann reichte die Startbahnlänge gut aus. Dann mal los. Während des Startlaufs hing der FI über den Schubhebeln und passte genau auf sie auf. Kurz vor Erreichen des Endes der Startbahn zog der Kapitän die Maschine vorsichtig nach oben, wir flogen schon mal.
Bei positive climb (konstanter Steigflug) wurde Nummer drei auf Idle gedrosselt, was den Flieger leicht nach rechts drehte, sich aber durch Trimmen ausgleichen ließ. Flugfläche 160 (ca. 5300 m) erlaubte einen tollen Blick auf die Landschaft unter uns.

Jeder Sektorlotse behandelte uns wie eine rohe Kartoffel, sie waren sehr gut, denn auch das obligatorische Holding (Warteschleifen) vor Frankfurt blieb uns erspart. Man hatte für uns die Südbahn in Frankfurt vorgesehen, da stören wir nicht so.

Die Landung war nicht so spektakulär wie die in Nürnberg, eher butterweich. Die Feuerwehr war auch schon da und erinnerte uns wieder an unseren Defekt. Wir rollten direkt zur Technikhalle und erfuhren dort von den Technikern, dass die Maschine vor dem Abflug nach Nürnberg völlig in Ordnung war, die Verbiegung muss also auf dem Flug passiert sein.

Der Flug nach Wien und zurück, natürlich mit einem Ersatzflieger, verlief, bis auf die Anweisung des Kapitäns, der bleibt in der Maschine wenn wir am Boden sind, der geht nicht mit raus, sehr unterhaltsam. Da ich mich über die Anweisung beschwerte, bekam ich zur Beruhigung in Wien ein tolles Essen in der First.

Wir drehen die Bahn

Twin Otter
Twin Otter

Natürlich wird die Bahn nicht gedreht, es wird nur die Anflug – und Abflugrichtung, entsprechend der Windverhältnisse, gewechselt. Stichwort Wind, ja, der Wind spielt in der Fliegerei immer noch eine entscheidende Rolle.

Als Passagier in einem Jet kann man das selbst erfahren. Nehmen wir einen Flug von Frankfurt nach Miami. Sie haben ihr tragbares GPS – Gerät ( Global Positioning System, kurz NAVI) dabei und messen auf dem Hinflug, über dem Atlantik ihre Geschwindigkeit. Ergebnis 630 Kilometer pro Stunde über Grund. Sie wundern sich, das Flugzeug fliegt doch mit über 800 km/h. Auf dem Rückflug, wieder über dem Atlantik, jetzt Richtung Osten, messen sie 970 km/h.
Wie kommt das?

Ganz einfach, das Flugzeug fliegt, im Verhältnis zur umgebenden Luft immer gleich schnell, so um die 800 km/h. Auf dem Weg in die USA kommt ihnen die Luft mit ca. 170 Km/h entgegen und bewirkt, dass sie über Grund langsamer sind. Zurück fliegen sie mit 800 Sachen in einer Luft, die sich mit 170 Sachen in ihre Richtung bewegt, daher sind sie schneller (über Grund).

Dieser Effekt wird auch bei An – und Abflug genutzt. Man startet und landet bevorzugt gegen den Wind. Erstens, weil das sicherer ist und zweitens spart man dabei sogar noch Treibstoff. Bei einem Start mit Rückenwind müsste das Flugzeug stärker beschleunigen als bei einem Start mit Gegenwind. Abhebegeschwindigkeit, sagen wir 120 Knoten, Rückenwind mit 10 Knoten, dann brauchen sie eine Abhebegeschwindigkeit von 130 Knoten. Bei dem gleichen Gegenwind, also 10 Knoten von vorn, wären es nur 110 Knoten Abhebegeschwindigkeit.

Es macht also durchaus Sinn, die Start – und Landerichtung dem Wind anzupassen. Daher ist auf dem Tower eines Airports der Wind ein wichtiger Faktor, der ständig im Spiel ist.Nun hat der Wind an einem Flughafen nicht die wünschenswerte Eigenschaft, von jetzt auf gleich, genau auf die andere Seite zu drehen. Nein, im Gegenteil, er macht, was er will. Somit ist es Aufgabe der Towercrew, genauer des Towerlotsen, er ist für An– und Abflüge zuständig, auf den Wind und seine Tendenz zu achten und bei Bedarf die Anflugrichtung zu ändern.

Tower Düsseldorf, ein schöner Tag, der Wind weht mit 15 Knoten aus West. Landungen Richtung West und Anflüge ebenso, so ist es meistens. Für die nächsten 20 Minuten ist vom Wetterdienst vorhergesagt, dass der Wind auf Nordwest drehen soll.

Das ist für Starts kein großes Problem, es wackelt halt nach dem Start ein wenig. Für Landungen sieht das schon anders aus, denn die halten die Nase bis kurz vor dem Aufsetzen in den Wind und drehen den Flieger dann in letzter Sekunde in Bahnrichtung und setzen auf. Für uns auf dem Tower ist das Klasse, denn wir haben was zu schauen. Es ist immer wieder interessant, sich solche Landungen mit Seitenwindkomponente anzusehen.

Der Wind dreht weiter, jetzt auf Nord. Seitenwind, spannend, denn jetzt müssen die Piloten zeigen, was sie drauf haben. Auf dem Tower gibt es für Seitenwind Vorgaben, ab welcher Stärke der Flughafen dicht gemacht werden muss. Da sind wir aber lange noch nicht in der Nähe.

Dreht der Wind jetzt allerdings weiter Richtung Ost, dann müssen wir die Bahn drehen. Natürlich dreht er weiter, Flugsicherung besteht halt daraus, mit all den Unwägbarkeiten umzugehen und trotzdem einen sicheren Flugverkehr zu gewährleisten.

Zu den Unwägbarkeiten heute gehört auch, es ist Rush hour, also hohes Verkehrsaufkommen. Der Towerlotse, der Feeder (Einfädler, ist für die Reihenfolge der Anflüge zuständig) und die zwei Approach – Lotsen (Anflugkontrolle, eine im Norden und eine im Süden) besprechen jetzt den richtigen Zeitpunkt der Drehung.

Meist kommt dabei der Satz raus, nach der Landung der KLM kannst du die Bahn drehen. Der Vorfeldlotse lässt ab jetzt die Flieger, die abfliegen wollen, zum Start zur neuen Bahn, Richtung Osten Westen rollen und reiht sie vor dem Holding Point auf (Holding Point, jeder Rollweg hat zur Bahn einen solchen, an dem zwingend angehalten werden muss, ein Befahren der Bahn ist nur mit der Freigabe des Towerlotsen möglich).

Der Feeder meldet die KLM bei 10 Meilen und schon meldet sie sich auch.
Tower: „KLM 83, Wind 050 mit 15, frei zur Landung Bahn 24.“

Um das Folgende zu verstehen, muss man sich mit Geschwindigkeit auskennen. Jeder kennt die Situation, man kachelt mit 130 km/h auf der Autobahn und sieht plötzlich ein 80er Schild. Was macht man?
Die einen nehmen den Fuß vom Gas und lassen den Karren bis auf 80 km/h runterkommen. Sie nehmen dabei in Kauf nach dem 80er Schild noch zu schnell zu sein, dienen aber dem Verkehrsfluss, weil es fast alle so machen. Es gibt aber auch die, die am Schild stark runterbremsen und so die Beschränkung einhalten.

Diese beiden Arten gibt es auch im Flugverkehr. Auch hier gibt es Geschwindigkeitsbegrenzungen, die einzuhalten sind (werden sollten). Im Anflug ist es die Beschränkung auf 250 Kts unter 10000 Fuß, ca. 3000 Meter, dann minimum Clean (die Geschwindigkeit, die ein Flugzeug noch sicher fliegen kann, ohne Landeklappen auszufahren) und dann natürlich Geschwindigkeitsbeschränkungen vom Lotsen, um die Staffelung zu gewährleisten.

In der Flugsicherung rächen sich auch kleine Fehler, meist spät, aber sie rächen sich. Bei der Festlegung, nach der KLM die Bahn zu drehen, war der Spielraum zu kurz gewählt worden. Die Lufthansa A310, die sich jetzt bei 10 Meilen Anflug auf die Bahn Richtung Osten meldete, war viel zu früh.

Die KLM war, was wir eine Scharchnase nennen, sie war überkorrekt und viel zu flott langsam geworden, kurz, sie brauchte noch ne Weile bis zur Landung.

Die Situation war, sorry, Scheiße. Die KLM flog auf die Westbahn an, die A310 auf die Ostbahn, voraussichtlicher Crash-Punkt war Ende der Westbahn. Diese Konstellation nennt man in Towerkreisen „Doppeldecker“.

Die Lösung ist nicht so schwer, man lässt den A310 einen Overshoot ( Landeabbruch, Durchstarten) machen mit einer scharfen Kurve nach links, aber eben auch nicht sicher. Die KLM könnte durch irgendeinen Umstand auch durchstarten müssen, was dann zu einem Near miss Beinahezusammenstoß) oder schlimmeren führen würde.

In unserem Fall ging es noch mal gut, die A310 heizte über die Klinik und die KLM landete sicher.
Umgehend meldete sich das Außentelefon und Schwester Agate vom Krankenhaus war dran um sich über die enorme, nicht hinnehmbare Lärmbelästigung zu beschweren.

Dieses Telefonat, was zugegeben ab und an mal geführt werden musste, war für alle hier oben die Höchststrafe, denn Schwester Agate hatte immer Recht. Sie faltete uns, Könige des Airports, so massiv zusammen, dass wir danach unter dem Teppich hätten Fahrrad fahren können.
Für unser Selbstwertgefühl eine Katastrophe.

Ich habe das (zweifelhafte) Vergnügen gehabt Schwester Agate mal persönlich kennenzulernen, sie war eine tolle Frau, die das Wohl ihrer Patienten im Auge hatte. Als ich ihr erklärte, dass wir auch das Wohl unserer Kunden im Auge hatten, entspannte sie sich zunehmend und die folgenden Anrufe verliefen weniger demütigend.